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Beispiele und Aufgaben im Modul Die Inhaltsanalyse

A) Beispiel: Säkularisierungsprozess in den neuen Bundesländern

1. Kurzbeschreibung von Aufgabenstellung und Ansatz

Anhand der Inhaltsanalyse von Todesanzeigen der Jahr 1969 und 2004 wurde von J. Gerhards und A. Melzerder (vgl.: http://www.uni-leipzig.de/forsch96/16000/16310_p.htm) der kulturelle Wandlungsprozess in den mehr als 30 Jahren zwischen den beiden Erhebungzeitpunkten untersucht. Die Entwicklung der Semantik von Todesanzeigen wurde dabei als Indikator für Säkularisierungsprozesse genommen:

Kulturelle Säkularisierung bezeichnet den Prozess der Auflösung vormals religiöser, speziell christlicher Glaubensvorstellungen als verbindliche Kulturmuster. Man kann vermuten, daß Säkularisierung als ein allgemeiner Trend der Kulturentwicklung durch zwei Faktoren gebrochen und spezifisch eingefärbt wird: durch den Grad der religiösen Orientierung der jeweiligen Schichten einer Gesellschaft und durch das jeweilige politische Regime einer Gesellschaft. Mit Hilfe einer systematischen Inhaltsanalyse der Sprache und Symbolik von Todesanzeigen über den Zeitraum von 1894 bis 1994 von zwei Leipziger Tageszeitungen versuchen wir, die drei Hypothesen zu überprüfen“ (ebenda, vgl nachstehende, als besonders prägnant augewählte Anzeigen).

Abbildung 2-9: Todesanzeigen des Jahres 1969

Abbildung 2-10: Todesanzeigen des Jahres 2004

Augewertet wurden dabei nicht nur die veröffentlichten Texte sondern auch die Symbole und die biographischen Angaben.

Abbildung 2-11: Erfassungsdimensionen der Inhaltsanalyse von Todesanzeigen



2. Kategoriensystem

Das Kategoriensystem umfasste folgende Dimensionen

I. Formale Merkmale: Jahr der Veröffentlichung der Anzeige

II. Diesseits gerichtete und transzendente Beschreibungen und Symbole des Todes

1. Symbole

  • diesseits gerichtete Symbole: Rose / Calla / Efeuranke / Eichenblatt / Lilie /Trauerweide / Innungszeichen / Gewerkschafts- oder Parteiemblem

  • transzendente Symbole: Kreuz / Kreuz mit Rose / Kreuz mit aufgehender Sonne / Kreuz mit Palmwedel / Kreuz mit Kornähre / Betende Hände / Betende Hände mit Rose

2. Verbalbeschreibungen des Todes

  • diesseits gerichtete Beschreibungen: Abschied nehmen / Verlassen / Weggehen /- Ableben./ Schlafen / Entschlafen./ Sterben / Versterben / aus der Mitte gerissen / zur letzten Ruhe betten / Hinscheiden / Verscheiden / Für immer die Augen schliessen / ein Leben geht zu Ende

  • transzendente Beschreibungen: / Erlösen / Gottes Frieden / sich in die Hände des Herrn begeben / ewige Ruhe finden./ Heimgehen

3. Transzendente Bezugspersonen und –objekte: Gott / Herr

4. Sonstige Begriffe mit Hinweis auf diesseitigen und transzendentem Bezug

  • diesseits gerichtete Begriffe: Ruhe / Schicksal

  • transzendente Begriffe. Erlösung / Segen / Seligkeit

III. Merkmalsbeschreibungen der Verstorbenen und der Auftraggeber der Anzeige

1. Geschlecht der Verstorbenen

2. Alter der Verstorbenen

3. Beschreibungen des Anzeigenauftraggebers

  • Familienangehörige

  • Freunde

  • Arbeitskollegen, Mitarbeiter

  • Parteien, Organisationen, öffentliche Institutionen

3. Ergebnisse

B) Beispiel: Kodierschema (Wohnsituation)

Diese Beispiel aus einer Untersuchung zur Wohngebietsplanung von H. Kromrey (Die bebaute Umwelt, Opladen, 1981, zit. nach H. Kromrey, Empirische Sozialforschung, Opladen 1998, S. 310 ff) weist darauf hin, dass inhaltsanalytische Ansätze auch bei nicht standardisierten Interviews Verwendung finden können. Bei einer Befragung zur Wohnsituation in Köln (1976) wurde folgende offene Frage zur „Wohnsituation“ gestellt: „Bitte sagen Sie mir jetzt noch, was Ihnen an Ihrem Wohngebiet besonders gut gefällt und was Sie für besonders schlecht halten.“ Beim Kategorienschema das dem Verkodungsplan zugrunde lag, wurde die bewusstseinsmäßige Präsenz von Merkmalen der Wohngebietsgüte als Indikator für individuelle Bedeutsamkeit dieser Merkmale verwendet:

Schaubild 2-18: Verkodungsplan der offenen Antworten



B: Aufgaben zur inhaltliche Analyse von Heirats- und Bekanntschaftsinseraten

Inserat 1: „Heirat: Junger Mann, 30 Jahre alt, kerngesund mit solidem, festem Charakter in gesicherter Lebensstellung, sucht wegen Mangel an passender Gelegenheit auf diesem Wege mit einer achtbaren, fleißigen und lebensfrohen 22 bis 25 Jahre alten Tochter aus schweizerischer, reformierter und gutsituierter Familie behufs baldiger Heirat in nähere Beziehung zu treten.“

Inserat 2: „Selbstinserent, bald 30jährig, in sozialem Beruf tätig, warmherzig, unkonventionell, umweltbewusst, kinderliebend, tolerant, gut aussehend, möchte Dich, feinfühlige junge Frau, kennenlernen. Herzlichen Dank für Deinen Brief mit Photo.“

Inserat 3:

Inserat 4

Inserat 5

Aufgaben:

  1. Schätzen Sie, aus welcher Zeit diese Anzeigen 1 und 2 stammen könnten: ((1900, 1950, 2000) und erläutern Sie, wie Sie zu dieser Einschätzung gekommen sind.

  2. Welche Forschungsfragen könnte man für den Vergleich aller Inserate allgemein ableiten?

  3. Wie wären folgende Kategorien entsprechen den im Arbeitschritt „Konzepte und Definitionen“ genannten Kriterien zu definieren:

    pers. Attraktivität / Interessen / Orientierung / Status / soziale Identität / Aktivitäten

  4. Wo und wie häufig finden sich Aussagen zu folgende Kategorien:

  • Inserent / gesuchte(r) Partner(in),

  • pers. Attraktivität / Interessen / Orientierung / Status / soziale Identität / Aktivitäten.

 

letzte Änderung am 5.4.2019 um 4:24 Uhr.

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